Die Internetnutzung ist für viele Kinder heute ein selbstverständlicher Teil ihres Alltags – und sie beginnt immer früher. Die KIM-Studie 2024 des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest zeigt: mehr als die Hälfte der internetnutzenden Sechs- bis 13-Jährigen ist täglich online. Damit verschiebt sich die intensive Nutzung digitaler Angebote bis ins Grundschulalter – oft inklusive der Nutzung von Social Media, obwohl diese laut Nutzungsbedingungen erst ab 13 Jahren erlaubt ist. Vor diesem Hintergrund gewinnen Fragen der elterlichen Begleitung und altersgerechter Angebote weiter an Bedeutung. Die Studie wird heute anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Studienreihe im Rahmen der „Woche der Medienkompetenz“ in Ludwigshafen veröffentlicht.

Die Intensität der Internetnutzung nimmt zu: 54 Prozent der Kinder, die online sind, nutzen das Internet täglich – ein Anstieg um sieben Prozentpunkte im Vergleich zu 2022. Besonders dynamisch ist die Entwicklung bei den online aktiven Acht- bis Neunjährigen: Hier hat sich der Anteil der täglichen Nutzung innerhalb von zwei Jahren fast verdoppelt – von 23 Prozent auf 40 Prozent. Dementsprechend nimmt auch das Smartphone als wichtigster Zugangsweg zum Internet im Alltag eine große Rolle ein. Knapp die Hälfte der Kinder (46 %) verfügt bereits über ein eigenes Gerät. Eine Entwicklung, die auch in den Schulen zu Handlungsbedarf führt: 77 Prozent der Kinder mit eigenem Gerät geben an, ihr Handy grundsätzlich in die Schule mitbringen zu dürfen. In den meisten Schulen ist die Nutzung aber klar reglementiert: Der Großteil darf das Smartphone nur in den Pausen verwenden (63 %), ein Fünftel (22 %) gar nicht. Nur drei Prozent berichten, dass sie ihr Handy jederzeit nutzen dürfen.

Online-Plattformen gewinnen weiter an Relevanz im Bereich Bewegtbild

Ein besonders deutlicher Wandel zeigt sich beim Bewegtbildkonsum: Seit Beginn der Studienreihe im Jahr 1999 dominierten die Kindersender KiKA und Super RTL die Liste der beliebtesten Angebote. In der KIM-Studie 2024 wurde mit Netflix nun erstmals ein Streamingdienst zur beliebtesten Plattform für Filme, Serien und Videos – mit 21 Prozent liegt er klar vor KiKA (14 %) und YouTube (11 %), wenngleich der öffentlich-rechtliche Kindersender weiterhin das wöchentlich am meisten genutzte Angebot ist. Dazu hebt Prof. Dr. Kai Gniffke, Intendant des SWR, hervor: „Der KiKA bleibt mit seinen kindgerechten, werbefreien und hochwertigen Inhalten ein zentraler Bestandteil im Alltag von Kindern – trotz wachsender Konkurrenz durch kommerzielle und internationale Anbieter. In Zeiten von Wandel und Desinformation zeigt sich besonders deutlich die Bedeutung öffentlich-rechtlicher Angebote als verlässliche und altersgerechte Orientierungshilfe – sowohl im linearen Fernsehen als auch auf digitalen Plattformen.“

Die Entwicklung unterstreicht einen grundlegenden Strukturwandel: Während Kinder früher vorrangig auf redaktionell kuratierte Fernsehangebote zurückgriffen, werden heute zunehmend auch Plattformen genutzt, auf denen sie aus einem nahezu unbegrenzten Angebot Inhalte individuell auswählen können. Das gilt insbesondere für YouTube, das aktuell auf Platz drei liegt – eine Plattform, auf der, für Kinder kaum unterscheidbar, altersgerechte und nicht altersgerechte Inhalte direkt nebeneinanderstehen. „Die Ergebnisse der KIM-Studie zeigen eindrucksvoll, wie stark sich Streamingdienste und Plattformen wie YouTube im Medienalltag von Kindern etabliert haben. Damit einher geht eine Verschiebung weg von redaktionell betreuten Inhalten hin zu offenen Plattformen mit kaum kontrollierbarem Angebot. Daher brauchen Kinder bei ihren ersten Schritten im Netz gezielte Begleitung durch Eltern und Bildungseinrichtungen, um den sicheren Umgang mit Medien zu erlernen und vor Gefahren geschützt zu sein.“, sagt Dr. Wolfgang Kreißig, Präsident der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK).

 

Begleitung durch Eltern bleibt ausbaufähig

Gerade im Hinblick auf die elterliche Medienbegleitung zeigt die KIM-Studie 2024 Handlungsfelder auf. So geben von den Eltern, deren Kinder über ein eigenes Smartphone verfügen, 43 Prozent an, eine Bildschirmzeit am Smartphone einzustellen. 39 Prozent überprüfen die Nutzungsdauer und etwa ein Viertel bespricht die Bildschirmzeit gemeinsam mit ihren Kindern – 55 Prozent verzichten jedoch vollständig auf technische oder begleitende Maßnahmen zur Steuerung der Nutzungszeit. Besonders relevant wird elterliche Begleitung auch im Hinblick auf Social Media: Viele Kinder nutzen Plattformen wie TikTok oder Instagram, obwohl sie das erforderliche Mindestalter von 13 Jahren noch nicht erreicht haben. Die KIM-Studie zeigt, dass solche Angebote im Alltag der Kinder etabliert sind – Altersgrenzen werden dabei häufig umgangen oder ignoriert. Dr. Marc Jan Eumann, Direktor der Medienanstalt RLP, betont: „Kinder bewegen sich oft allein im Netz und sind dabei erheblichen Gefahren ausgesetzt. Die großen Plattformen werden ihrer Verantwortung nicht gerecht, denn eigentlich ist der Zugang zu TikTok, Instagram und Co erst ab 13 Jahren erlaubt – doch Alterskontrollen sind Fehlanzeige. Was Erziehungsberechtigte selbst zum Wohl ihrer Kinder tun können, zeigt unsere EU-Initiative klicksafe.“

Die Studienreihe KIM (Kindheit, Internet, Medien) wird vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (mpfs), einer Kooperation der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK), der Medienanstalt Rheinland-Pfalz und des Südwestrundfunks (SWR), seit 1999 im zweijährigen Rhythmus durchgeführt. Die repräsentative Studie bildet das Medienverhalten der Kinder in Deutschland ab. Zwischen dem 18. September und dem 07. November 2024 wurden dafür 1.225 Kinder und deren primäre Erziehungsperson befragt. Der vollständige Bericht der KIM-Studie 2024 ist als PDF unter www.mpfs.de abrufbar.

Kontakt

Yvonne Gerigk
Landesanstalt für Kommunikation
Medienforschung; Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs)
Tel.: 0711 66991-51
E-Mail: y.gerigk@lfk.de

Simon Tauscher
Landesanstalt für Kommunikation
Öffentlichkeitsarbeit und Interne Kommunikation
E-Mail: presse@lfk.de

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